Wir wünschen allen Nichtsnutzen und Müßiggängern einen guten Start ins neue Jahr!
Muße ist schwer. Und die Geschichte des Wortes gibt bereits Auskunft, warum dies so ist: Laut Herkunftswörterbuch ist „Muße“, abgeleitet von mittelhochdeutsch „muoze“ und althochdeutsch „muoza“, eng verwandt mit dem Wort „Mal“ im Sinne von „Zeitpunkt“ und bedeutete ursprünglich „die Gelegenheit, etwas tun zu können“. Wohlgemerkt: „… zu können“ (!) Als gute und fleißige Deutsche haben wir jedoch verinnerlicht: Eine solche Gelegenheit darf man keinesfalls ungenutzt vorüberziehen lassen. Schließlich weiß man: „Müßiggang ist aller Laster Anfang!“
Noch schlimmer als der „Müßiggänger“ ist eigentlich nur noch der „Nichtsnutz“. Wer möchte sich schon als einen Menschen bezeichnen lassen, der quasi untätig Lebenszeit verschwendet, ohne dass diese Zeit seiner Umwelt oder zumindest ihm selbst einen Nutzen bringt?
Wie die Arbeit – so auch das Vergnügen!
Heutzutage erscheint es daher geradezu fahrlässig, wertvolle Freizeit einfach so verstreichen zu lassen. Der bewusste Mensch plant also flugs ein umfassendes Fitness- und Wellness-Programm und arbeitet dieses systematisch ab, um Körper, Geist und Seele möglichst effektiv und effizient ein Maximum an gesundem Tun angedeihen zu lassen. Wenn so allerdings der Arbeitsstress durch Freizeitstress ersetzt wird, kann es kaum verwundern, wenn sich das ursprünglich anvisierte Projektziel „Erholung“ einfach nicht so recht einstellen mag…
Ja, und was jetzt?
Der erste Schritt wäre, den „Müßiggang“ von der Last der Funktionalität zu befreien und ihn im Sinne des Grimmschen Wörterbuches einfach nur als „Fernsein von Geschäften und Abhaltungen“ zu begreifen: Müßiggang ist bereits ein Lebenswert an sich! Erkenntnisse der Neurobiologie bestätigen übrigens, dass unser Gehirn genau solche Phasen des ziellosen Nichtstuns unbedingt braucht, um sich im Leerlauf einfach hin und wieder mal neu zu sortieren und eine neue Stabilität zu finden.
Die Welt des Wissens nach dem Neustart
Als leidgeprüfter Kunde eines großen deutschen Telekommunikationsunternehmens kann der Autor dieser Zeilen noch ergänzend berichten, dass es seinem Router, der Schnittstelle zum World Wide Web, augenscheinlich ganz genauso geht: Drei- bis fünfmal am Tag verweigert das Gerät seinen Dienst, möchte fern sein von der Welt und verlangt eine Trennung vom Stromnetz. Muße, also. Nach einer zehnminütigen Auszeit und einem Neustart mit meditativ blinkenden LED-Lämpchen ist er dann jedoch erfreulicherweise bereit, seine Tätigkeit wieder aufzunehmen und erneut die Verbindung zur großen weiten Welt des Wissens herzustellen. So scheint die Erkenntnis des Dichters Franz Werfel nicht nur auf den Menschen, sondern sogar auch auf Maschinen zuzutreffen:
„Müßiggang ist allen Geistes Anfang“
Eine verrückte Idee, doch es kommt noch verrückter: Von Isaac Newton wird berichtet, dass ihm das Gesetz der Gravitation nicht etwa im Studierzimmer, sondern im Obstgarten beim versonnenen Anblick eines Apfels eingefallen sei. Des Weiteren gibt es eine vergleichbare Überlieferung vom griechischen Physiker und Mathematiker Archimedes: Vor über 2.000 Jahren entdeckte er das „Archimedische Prinzip“ – während einer Mußestunde in der Badewanne… „Heureka!“, möchte man rufen – vor diesem Hintergrund können nun auch endlich wieder alle Freunde des Nützlichkeitsdenkens tief und entspannt durchatmen: Nichtsnutziger Müßiggang kann letztendlich doch zu was nütze sein. Ist das zu glauben? Also denn: Carpe diem!*
Und übrigens: Sie sind auf einem guten Weg!
Sie verbringen nämlich offenkundig gerade Ihre Zeit damit, im Internet herumzustromern und sich – warum auch immer – mit diesem Beitrag zu beschäftigen. Sicherlich gäbe es etwas „Wichtigeres“ zu tun. Und wenn Sie jetzt noch (möglicherweise ganz versonnen) auf „Unsere Orte“ klicken, bekommen Sie vielleicht die Inspiration, sich für einen Kneipp-Urlaub zu begeistern. Dort könnten Sie dann beispielsweise auf den Spuren altehrbarer Physiker wandeln und voller Muße in einem Obstgarten liegend von der Erdanziehungskraft träumen oder bei einer Wasseranwendung die Entdeckung des Archimedes nachvollziehen…
Kurzum: Sie sind auf dem absolut richtigen Weg. Machen Sie weiter – aber bitte: Lassen Sie sich Zeit! Wir wünschen Ihnen genussvolle Mußestunden in der Auszeit „zwischen den Jahren“ und einen guten Neustart ins Jahr 2020!
* Nachzureichen wäre noch:
Die im Deutschen übliche Übersetzung „Nutze den Tag!“ entspricht nicht im Geringsten der Absicht des lateinischen Dichters Horaz. „Carpe diem“ bedeutete in seinem Sinne vielmehr „Pflücke den Tag“ – eine Metapher, die an Blumen und das Sammeln reifer Früchte erinnern soll und damit an den Leser appelliert: Erlebe achtsam den Moment und genieße die sinnliche Naturerfahrung! Und damit wären wir – wer hätte das gedacht? – ein weiteres Mal bei Kneipp…
Peter Kaprolat ist als Redakteur und Ideengeber für Tourismusverbände, Reiseanbieter und Gesundheitsdienstleister tätig – unter anderem auch für die Kneipp Premium Class. Mit seiner Kommunikationsagentur 7eins unterstützt er Unternehmen bei deren digitaler Ausrichtung.