Würzen, heilen, reinigen, pflegen, konservieren – und ein Tipp fürs Osterfest
Er reinigt Bäder und Kaffeemaschinen und gibt dem Salat den letzten Schliff. Er kann Fieber senken, Verdauungsbeschwerden und Hauterkrankungen lindern oder die Heilung von Blutergüssen beschleunigen. Phönizier und Römer produzierten mit Essig die Limonade der Antike. Das Geheimnis der legendären Schönheit von Kaiserin Sisi soll auf Veilchen-Essig basieren, den Sie mit Hilfe von Apfelessig und Veilchenblüten übrigens auch leicht selbst herstellen können. Kurzum: Das Thema „Essig“ ist so facettenreich, dass es hier nur punktuell und beispielhaft behandelt werden kann.
Vielleicht haben auch Sie schon einmal (versehentlich) selbst Essig „produziert“, weil Sie zum Beispiel mit dem Öffnen einer Flasche Wein zu lange gewartet haben. Auch wenn dies in Hinblick auf den eigentlich erwarteten Weingenuss womöglich eine Enttäuschung war, haben Sie doch immerhin damit eine wesentliche Entdeckung der Menschheit nachvollzogen: Schon Ägypter, Perser, Römer, Griechen und Babylonier haben nach ähnlichen Erfahrungen mit sauer gewordenem Fruchtsaft, Wein oder Bier aus dem Ärgernis eine Tugend gemacht und sich immer weiter die medizinischen, kulinarischen und kosmetischen Möglichkeiten erschlossen, die Essig in sich birgt.
Essig in der Kneippschen Gesundheitslehre
„Der Essig ist sicher eines der ältesten Hausmittel, durch welches unsere Vorfahren in Hunderten von Fällen sich zu helfen wußten. Er wurde und wird heute noch verwendet zur Zubereitung der Nahrungsmittel; und es ist gut, wenn man weiß, welchen Wert er in jeder Beziehung hat.“ Den medizinischen Wert von Essig sah Kneipp vor allem in der äußeren Anwendung: „Auf der Haut übt er einen großen Reiz, wenn man den ganzen Körper oder einen Teil des Körpers mit einem Teil Essig und zwei oder drei Teilen Wasser wäscht. Der Essig fördert die Hauttätigkeit und vermehrt die Körperwärme.“ Darüber hinaus hob er auch die heilende Kraft für die Behandlung von Blutergüssen und Quetschungen hervor: „Das Waschen mit Essig löst ferner das Blut auf, welches sich durch Schlag, Quetschung usw. gesammelt hat. Zusammengestautes Blut wird also durch Essig aufgelöst und ausgeleitet. Quetschungen werden durch Überschläge von Essig und Wasser geheilt.“ Bei der „innerlichen Anwendung“, also als Genuss- und Würzmittel, mahnte Kneipp jedoch zur Vorsicht: So riet er seinen Lesern, Essig zum Würzen von Speisen nur sehr maßvoll zu verwenden und vor allem auch Wert auf die gute Qualität zu legen.
Und welcher Essig ist nun der „gesündeste“?
Sofern Sie Essig nicht als Reinigungsmittel oder Kalkentferner einsetzen, sollten Sie auf eine hohe Qualität achten. Nicht nur bei Kneipp, sondern auch bei vielen Fachleuten von heute steht der Apfelessig ganz oben auf der Favoriten-Liste – sowohl für die innerliche als auch für die äußerliche Anwendung. Wie bei anderen Nahrungsmitteln auch sollten Sie bei Essig auf Bio-Produkte zurückgreifen. Nur hier können Sie sicher sein, dass die verwendeten Früchte aus ökologischem Anbau stammen und der Essig nicht pasteurisiert, gefärbt oder geschwefelt wurde.
Warum macht man Ostern Soleier? Und vor allem: Wie?
Wie gesagt: Essig kann (fast) alles und eignet sich auch für die Konservierung von Lebensmitteln – man denke nur an saure Gurken oder den Rollmops. Und so kommt es, dass bei „Soleiern“ eben nicht nur das namensgebende Salz, sondern häufig auch Essig genutzt wird. Dass es gerade zum Osterfest Soleier gibt, hat aus gutem Grund eine lange Tradition: Während klassisch im Stall gehaltene Hühner im tiefen Winter nur vergleichsweise wenig Eier legen, steigern sie ausgerechnet zu Beginn der Fastenzeit die Produktion. Um das schlechte Timing der Tiere zu kompensieren und das vermehrte Angebot dann (nach dem Fasten) doch noch zu nutzen, hatten die Menschen seinerzeit eine gute Idee: Eier wurden in einer würzigen Salzlake konserviert, um sie dann zwar mit Verspätung, aber dafür gottgefällig zu Ostern verspeisen zu können. Wenn Sie diese Tradition fortführen möchten, erfahren Sie hier, wie man Soleier zubereiten kann:
Zutaten:
• 10 mittelgroße hartgekochte Eier
• eine Zwiebel
• 150 ml Weißwein- oder Apfelessig
• ca. 60 g Salz
• ca. 40 g Zucker
• 6 Wacholderbeeren
• zwei Lorbeerblätter
• ein Teelöffel schwarze Pfefferkörner
• einige Stiele Dill
Zubereitung:
Zwei Zwiebelhälften, die in einer Pfanne mit der Schnittfläche nach unten goldbraun gebraten wurden, geben Sie zusammen mit Essig, Salz, Zucker, Wacholder, Pfeffer und Lorbeerblättern in 700 ml Wasser und lassen das Gemisch aufkochen. In der Zwischenzeit schichten Sie die gepellten Eier mit dem Dill in ein ausreichend großes Einmachglas und gießen anschließend den noch heißen Sud darüber. Nun wird das Glas fest verschlossen und – nachdem es etwas abgekühlt ist – in den Kühlschrank gestellt. Nach etwa zwei Tagen können Sie die Eier entweder pur mit einer Prise Salz genießen oder noch etwas verfeinern. Dazu halbieren Sie die Eier, lösen das Eigelb heraus, das Sie zerdrücken und mit etwas Salz Pfeffer und einem Spritzer Essig abschmecken. Die Masse verteilen Sie nun in die Mulden der Eihälften und beträufeln sie mit etwas Öl. Je nach Geschmack können Sie zu den Soleiern noch mittelscharfen Senf reichen. Wir wünschen Ihnen guten Appetit und ein schönes, sonniges Osterfest!
Peter Kaprolat ist als Redakteur und Ideengeber für Tourismusverbände, Reiseanbieter und Gesundheitsdienstleister tätig – unter anderem auch für die Kneipp Premium Class.
Mit seiner Kommunikationsagentur 7eins unterstützt er Unternehmen bei deren digitaler Ausrichtung.