Sind Sie glücklich? Oder mutet die Frage angesichts der nun schon über ein Jahr andauernden Corona-Pandemie seltsam an? Am 20. März jedenfalls ist Internationaler Tag des Glücks. Anlass genug, Fragen auf den Grund zu gehen, die uns Menschen seit der Antike beschäftigen: Was ist Glück und wie finden wir es?
Für Ernest Hemingway war zumindest die Antwort auf die erste Frage einfach: „Glück, das ist eine gute Gesundheit und ein schlechtes Gedächtnis.“ Ganz so leicht wollen wir es uns aber nicht machen.
Bhutan: Bruttonationalglück als Gradmesser
Als die Vereinten Nationen 2012 entschieden, einen Weltglückstag ins Leben zu rufen, sollte damit verdeutlicht werden, welche Bedeutung das Streben nach Glück und Wohlbefinden im Leben aller Menschen hat. Die entsprechend verabschiedete Resolution plädiert auch für „einen integrativeren, gerechteren und ausgewogeneren Ansatz für wirtschaftliches Wachstum, der eine nachhaltige Entwicklung, die Beseitigung der Armut, das Glück und das Wohlergehen aller Völker fördert.“ Damit folgten die Mitgliedstaaten einer Anregung von Bhutan. Das südasiatische Königreich hatte nämlich schon im 18. Jahrhundert in einem Kodex klargemacht: „Wenn die Regierung kein Glück für sein Volk schaffen kann, dann gibt es keinen Grund für die Existenz der Regierung.“ Seit 2008 ist verfassungsmäßig festgelegt, dass das Bruttonationalglück über dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) steht. Nun gibt es auch die andere Seite der Medaille: Bhutan gehört zu den ärmsten und am wenigsten entwickelten Ländern, es gibt Berichte von Menschenrechtsverletzungen, etwa die Verfolgung religiöser Minderheiten. Zumindest aber kann das Beispiel zu einem Perspektivwechsel anregen, weg von rein ökonomischen Indikatoren, wenn es um den Wohlstand oder eben das Wohlbefinden der Bevölkerung geht.
Wie misst sich Glück?
Eine Antwort auf die Frage, an welchen Faktoren Glück gemessen werden kann, liefert der World Happiness Report. Ausschlaggebend sind demnach – neben dem BIP – vor allem soziale Unterstützung, Lebenserwartung, Autonomie in der eigenen Lebensgestaltung, Gesundheit, Vertrauen in das persönliche Umfeld und staatliche Institutionen, das Einkommen, aber auch Großzügigkeit und Ehrlichkeit. Hinzu kommen ganz individuelle Faktoren, die wir in uns selbst finden.
Im daraus resultierenden Ranking liegt seit drei Jahren Finnland an erster Stelle. Was eigentlich überraschend ist, denn das Land mit den langen dunklen Winternächten verzeichnet auch überdurchschnittlich hohe Depressions- und Suizidraten. Deutschland liegt deutlich von den Podestplätzen entfernt und schafft es nicht mal in die Top Ten. Im jüngsten Bericht kommen wir auf Platz 17.
Des Glücks eigener Schmied
Wie also können wir glücklicher werden? In Philosophie und Psychologie wird unter anderem zwischen zwei Formen von Glück unterschieden: Es gibt das Wohlfühlglück, bei dem es vor allem um Lust und Vergnügen geht. Dabei kann uns ein Theaterbesuch, ein gutes Essen, ein Wellnesstag oder das neu gekaufte iPhone gleichsam glücklich machen. Die Gefahr ist allerdings, dass das Glücksempfinden nur von kurzer Dauer ist. Auf der anderen Seite steht das Glück, das auf eigenen Werten beruht und ausgerichtet ist auf den Lebenssinn. Es hilft uns, auch mal Durststrecken durchzustehen, weil wir die Dinge vor Augen haben, die uns wirklich wichtig sind und die uns erfüllen. Familie, eine ehrenamtliche Tätigkeit, der Job oder das Hobby, die mir Sinn stiften – all das kommt von innen und gibt uns langfristige Zufriedenheit. Wirklich glücklich werden wir, so sagt es die sogenannt positive Psychologie, wenn wir beide Arten kombinieren.
Die Wissenschaft geht zudem davon aus, dass wir zu etwa 40 Prozent unser Glücklichsein selbst beeinflussen können. Bis zu 50 Prozent beruhen auf genetischer Veranlagung, also einer Grundtendenz, ob wir ein Glas eher als halb voll oder halb leer betrachten. Das mag viel scheinen, dafür werden nur 10 Prozent unseres Glückempfindens auf äußere Lebensumstände zurückgeführt. Wir haben also durchaus Gestaltungsspielraum. Den können wir zum Beispiel nutzen, indem wir aktiv sind, immer wieder Neues ausprobieren. Erkenntnisse aus der weltweiten Glücksdatenbank ergeben zudem, dass glückliche Menschen sich nicht von Angst leiten lassen, Probleme anpacken und die Initiative ergreifen. Sie wissen, was sie wollen, sind weniger stressanfällig und knüpfen gerne Kontakte.
Glück lässt sich nicht erzwingen – und manchmal sehen wir es nicht mal
Kontraproduktiv ist es allerdings gemäß einer Studie der Rutgers University Newark und der University of Toronto, wenn man sich zu sehr darauf versteift, sein Glück zu suchen. Wirklich zufrieden scheint das nicht zu machen. Vielmehr bleibt es bei einem permanenten Sehnsuchtsgefühl. Vielleicht hilft da eine Aussage der zehnjährigen Tochter eines Bekannten, die er kürzlich in einer WhatsApp-Gruppe teilte. Im Zusammenhang mit dem Unfalltod in seinem Umfeld und dem Umstand, dass dieser zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen war, meinte sie: „Wie viele Male hatten wir wohl schon Glück, ohne es zu merken?!“ Ein Gedanke, den wir uns durchaus zu Herzen nehmen dürfen.
Genauso wie die Worte von Sebastian Kneipp, der zum Thema Glück sagte: „Mein höchster Wunsch ist nur der, dass alle Menschen in die einfache Lebensweise eindringen, sich mit derselben begnügen, dabei glücklich werden und auch dem Nebenmenschen behilflich sein möchten.“
Bettina Bichsel schreibt und bloggt rund um Medizinisches, Gesundes und Kneipp-Spezifisches. Daneben arbeitet die diplomierte Journalistin als Texterin, Kommunikationsexpertin und Coach.