Was gibt es Entspannenderes als nach einem anstrengenden Arbeitstag oder an einem herbstlich grauen Wochenende in die Badewanne zu steigen? Aber Wasser in Wannen kann weit mehr, das lehrt uns Kneipp mit seinen Anwendungen. Ein kleines Einmaleins der Bäderkunde für daheim.
Wassertreten, Güsse, Wickel, Waschungen oder eben Bäder: Kneipp setzt das Element Wasser in vielfältigster Weise für seine Therapien ein. „Dreißig Jahre habe ich sondiert und jede einzelne Anwendung an mir selbst erprobt“, sagte er einst und unterstrich damit, wie ausgeklügelt und feinjustiert sein System über die Jahre geworden ist. Und er gestand: „Dreimal sah ich mich veranlasst, meine Wasserverfahren zu ändern, von der Strenge zur Milde herabzusteigen.“
Es muss also nicht immer das Kaltwasserbad sein, auch warme und wechselwarme Anwendungen sind nicht nur erlaubt, sondern bei manchen Leiden besonders empfohlen. Und doch spielt gerade der Kaltwasserreiz nachweislich eine wesentliche Rolle bei der Wirkkraft der Anwendungen. Im ersten Moment mag er unangenehm sein, aber dann reagiert der Körper mit einer intensiveren Durchblutung. Wer unter ständig kalten, schlecht durchbluteten Händen und Füßen leidet, profitiert davon bei regelmäßiger Anwendung. Darüber hinaus wird das Immunsystem gestärkt, wir werden abgehärtet und weniger anfällig für Erkältungs- oder andere Krankheiten. Aber nicht nur das: Unser Organismus gewöhnt sich nicht nur an die Kaltwasserreize, sondern wird allgemein stressresistenter, selbst bei psychischen Belastungen.
Kein Wunder also, dass es auch bei den Bädern warme und kalte Varianten gibt. Hinzu kommen Anwendungen, bei denen sich warmes und kaltes Wasser abwechseln oder die Temperatur langsam gesteigert wird. Ein paar Grundregeln, die es zu beachten gilt:
- Bei kalten Bädern liegt die Temperatur bei bis zu 18 Grad, bei warmen Bädern zwischen 36 und 38 Grad.
- Warme Bäder werden in der Regel mit einem kalten Guss der jeweiligen Körperregionen abgeschlossen.
- Kalte Anwendungen setzen voraus, dass der Körper vorher aufgewärmt wird.
- Warme Bäder können rund 15 bis 20 Minuten dauern, bei kalten Bäder sind es rund 6 bis 30 Sekunden.
Und wie sehen die Bäder nun im Einzelnen aus? Wir geben eine kleine Anleitungsübersicht:
Warmes Vollbad
Das Vollbad, bei dem das Wasser bis zum Hals reicht, ist perfekt, wenn man sich körperlich verspannt oder seelisch angespannt fühlt. Auch bei Schlafstörungen eignet es sich vor dem Zubettgehen. Und bei Arthrose schafft es Linderung. Badezusätze können die jeweilige Wirkung verstärken. Weil es allerdings für den Kreislauf belastend ist, empfiehlt Kneipp Vollbäder nur einmal wöchentlich. Richten Sie sich nach dem Bad langsam auf und duschen Sie sich kalt ab.
Warmes Dreiviertelbad
Das Dreiviertelbad hat dieselbe Wirkung wie das Vollbad. Und auch sonst gelten dieselben Punkte. Nur wird das Wasser lediglich bis zur Brust eingelassen, so dass die Arme nicht eingetaucht werden. Damit ist es für den Kreislauf etwas besser verträglich. Möchten Sie das Bad zur Beruhigung und für einen besseren Schlaf nutzen, sollten Sie nicht zu lange im Wasser bleiben. Bei über 20 Minuten wirkt das Bad eher anregend.
Kaltes Halbbad
Beim kalten Halbbad setzen Sie sich bis zum Nabel ins Wasser, oben können Sie sich mit Tüchern oder einem Oberteil warm halten. Es dauert nur ein paar Sekunden und gilt als Stimmungsaufheller. Zudem hilft es bei Wechseljahrsbeschwerden, bei Venenleiden, Verstopfung, Reizdarm und Hämorrhoiden. Streifen Sie das Wasser nur ab und legen Sie sich danach direkt ins warme Bett. Während der Menstruation, bei Herzbeschwerden und bei Durchfall sollten Sie von einer Anwendung absehen.
Warmes Sitzbad
Beim Sitzbad setzen Sie sich in eine Sitzbadewanne oder ein Becken. Es wirkt sich positiv bei chronischen Nieren- und Blasenentzündungen sowie bei Hämorrhoiden, Analekzemen und -fissuren aus. Zudem lockert es die Beckenmuskulatur, was besonders in den letzten Monaten einer Schwangerschaft angenehm sein kann.
Kaltes Fußbad
Für ein Fußbad stellen Sie am besten einen Eimer oder ein Becken in die Badewanne und lassen Wasser bis unter die Knie ein. Das kalte Fußbad hat dabei dieselbe Wirkung wie das Wassertreten. Es härtet ab und hilft bei Krampfadern, aber auch bei Kopfschmerzen, Nasenbluten, akuter Gicht oder Schlafstörungen. Bei Nieren- und Blasenleiden, Raucherbeinen und wenn Sie zu Krämpfen in den Beinen neigen sollten Sie es nicht anwenden.
Warmes Fußbad
Das warme Fußbad ist nicht nur gut gegen kalte Füße, sondern auch bei Infekten im Nasen- und Rachenbereich oder einer beginnenden Erkältung, bei chronischer Verstopfung und leichten arteriellen Durchblutungsstörungen. Alternativ können Sie auch ein Wechselfußbad machen. Dafür brauchen Sie zwei Gefäße, eines mit warmem und eines mit kaltem Wasser. Nach ca. 5 Minuten im warmen Wasser wechseln Sie für 10 bis 15 Sekunden ins kalte Wasser. Anschließend sollten Sie Socken anziehen und entweder ins Bett oder mit Bewegung für Aufwärmung sorgen.
Kaltes Armbad
Armbäder können Sie entweder im Waschbecken oder mit einer Wanne durchführen, wobei die Arme jeweils bis zur Mitte der Oberarme eingetaucht werden. Das kalte Armbad soll wie eine Tasse Kaffee wirken und empfiehlt sich nach dem Mittagessen. Es hilft, wenn Sie sich körperlich oder geistig erschöpft fühlen, aber auch bei Tennis- oder Golfellenbogen.
Warmes Armbad
Das warme Armbad wirkt sich positiv bei Fingerarthrose aus, kann aber auch die Durchblutung in den Beinen fördern. Zudem ist es entzündungshemmend, wirkt bei Hautekzemen und bei Asthma, Bronchitis, allergischem Schnupfen oder nervösen Herzleiden. Auch hier können Sie ein Warm- und ein Kaltwasserbecken verwenden: Das Wechselarmbad fördert die Durchblutung, hilft gegen Stress und beugt Infekten vor. Im warmen Wasser bleiben Sie ca. 5 Minuten, im kalten Wasser etwa 10 Sekunden. Auch danach gilt: Halten Sie sich warm.
Bettina Bichsel schreibt und bloggt rund um Medizinisches, Gesundes und Kneipp-Spezifisches. Daneben arbeitet die diplomierte Journalistin als Texterin, Kommunikationsexpertin und Coach.