„Gesundheit bekommt man nicht im Handel, sondern durch den Lebenswandel“ – Sebastian Kneipp war in seinen Aussagen klar und deutlich. Seine ganzheitliche Therapie hat der Pfarrer aus Bad Wörishofen Jahrzehnte lang immer wieder neu justiert, um durch eine ausgewogene Lebensart das Optimum für eine stabile Gesundheit zu erreichen – und damit auch für die Selbstheilung.
Auch heute ist die Kneipptherapie aus der modernen Medizin und Naturheilkunde nicht weg zu denken. Im Gegenteil: Kneipp’s fünf Elemente Wasser, Ernährung, Bewegung, Ordnung und Kräuter sind aktueller denn je. Doch während wir uns beim Auto sehr genau danach erkundigen, welches Öl man verwenden darf und wir beim Aufleuchten einer roten Lampe umgehend die nächste Werkstatt aufsuchen, sind wir in Bezug auf unsere Gesundheit nachlässiger. Wenn bei uns die Alarmleuchten blinken, nehmen wir lieber passiv Tabletten ein und hoffen, dass diese das Ungleichgewicht im Körper wieder regulieren, anstatt aktiv an einer Verhaltensänderung zu arbeiten.
Beispiel Psyche: Etwa fünf Millionen Menschen in Deutschland leiden unter Depressionen – und lassen sich Antidepressiva verschreiben. Ein lukratives Geschäft mit der Schwermut. Doch neben genetischen Aspekten oder Stress kann auch eine ungesunde Lebensführung Ursache für eine Depression sein. Eine Umstellung kann helfen: Wer nur 30 Minuten täglich radelt, tankt Glückshormone und beugt depressiver Verstimmung vor. Ein anderes Beispiel: Etwa zwei von drei Deutschen leiden unter zu hohem Cholesterin und belasten damit ihr Herz. Das sogenannte schädliche LDL-Cholesterin verstopft die Arterien. Seit 2008 hat sich der Konsum der entsprechenden Cholesterinsenker so gut wie verdoppelt. Doch in vielen Fällen würde eine Korrektur in der Lebensweise ein Medikament überflüssig machen: Weniger Fleisch, mehr Gemüse und Vollkornprodukte sowie körperliche Aktivität schützen das Herz und machen es stark. Kaum jemand weiss, dass Äpfel die Cholesterinwerte nahezu so gut senken wie Medikamente. Selbstfürsorge ist ein gutes Rezept.
Neueste Forschungen belegen eindeutig: Viele Verordnungen wären überflüssig, wenn die Menschen die Zusammenhänge zwischen Körper, Geist und Seele für ihre eigene Gesundheit begreifen und ein Ungleichgewicht selbst regulieren könnten. Eine Veränderung der Lebensführung wäre vergleichsweise einfach – aber sehr wirksam. Das nötige Wissen muss man sich jedoch zumeist selbst aneignen, denn ein Arzt hat für ein aufklärendes Gespräch weder die Zeit – noch möchte er auf zum Beispiel eine gut bezahlte Operation verzichten. Die schlichte Frage, ob eine Krankheit durch aktive Selbstfürsorge zu verhindern wäre, scheint in Vergessenheit zu geraten. Dabei können wir selbst viel tun.
Wie lässt sich aber Lebensstil überhaupt verändern? Kleine Übungen wie eine kneipp’sche Wasseranwendung am Abend, zweimal in der Woche Fahrrad fahren oder einmal am Tag Obst essen sind ein guter Einstieg – erste Erfolge wie Gewichtsverlust oder ein besserer Cholesterinwert eine gute Motivation. Man sollte mit dem Bereich anfangen, wo die Veränderung leichtfällt. Eine Umstellung der eigenen Lebensweise ist ein Prozess, der Zeit und Geduld benötigt. Und Disziplin für die vielen Wiederholungen, bis sich eine neue Verhaltensweise automatisiert hat. Es ist wie eine neue Sprache lernen.
Um Missverständnisse zu vermeiden: Es geht weder um Askese noch um körperliche Gängelei. Im Gegenteil. Maßvolle Genüsse wie ein abendliches Gläschen Rotwein halten sogar gesund, wenn sie zu einer festen Gewohnheit und damit Ordnung werden. Bestes Beispiel war die Königinmutter, die jeden Abend ein Glas Gin trank und 101 Jahre alt wurde.
Eva Tesar hat in Göttingen Philologie studiert. Seit über 20 Jahren arbeitet sie als selbständige Journalistin und PR-Expertin für Tourismus, Hotellerie, Gesundheit, Gourmet und Lifestyle. Eva Tesar lebt in Hamburg-Rotherbaum und arbeitet auch als Kommunikationscoach.